Giardiasis - DocCheck Flexikon (2024)

Synonyme: Lamblienruhr, Lambliasis
Englisch: giardiasis, lambliasis, "beaver fever"

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Definition
  • 2 Ursache
  • 3 Epidemiologie
  • 4 Übertragung
  • 5 Entwicklungszyklus
  • 6 Pathophysiologie
  • 7 Symptome
  • 8 Komplikationen
  • 9 Diagnostik
  • 10 Therapie
  • 11 Prophylaxe
  • 12 Meldepflicht
  • 13 Literatur

Definition

Die Giardiasis ist weltweit eine der häufigsten Parasitosen und wird durch den Endoparasiten Giardia intestinalis (Giardia lamblia) hervorgerufen.

  • ICD10-Code: A07.1

Ursache

Giardia intestinalis ist ein weltweit vorkommender, einzelliger Parasit des Dünndarms, der sowohl den Menschen als auch andere Säugetiere (Hunde, Katzen, Biber) befällt. Es verursacht endemische und epidemische Darmerkrankungen und Diarrhöen. Infektionen des Menschen gehen auf die Genotypen A und B zurück.

Epidemiologie

Die weltweite Inzidenz der Giardiasis beträgt bis zu 200 Millionen Menschen pro Jahr, in Deutschland wird mit 4,5 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr gerechnet. Besonders verbreitet ist der Erreger in Endemiegebieten der Tropen und Subtropen mit schlechten hygienischen und sanitären Bedingungen.

Übertragung

Die Übertragung findet fäkal-oral statt; entsprechend gehäuft an Orten mit schlechtem hygienischem Standard. Werden Lebensmittel oder Trinkwasser mit Giardiazysten kontaminiert, kann auch auf diesem Weg eine Übertragung stattfinden. Über kontaminiertes Wasser kommen sporadische Infektionen von Reisenden sowie Epidemien in Großstädten vor. Bereits weniger als 10 Lamblienzysten können eine Infektion auslösen. Tiere haben als Erregerreservoir keine große Bedeutung.

Entwicklungszyklus

Der Parasit kommt in zwei verschiedenen Lebensformen vor: Als Zyste und als Trophozoit. Die Zyste ist die Dauer- und Übertragungsform, die monatelang in kaltem Süßwasser überlebensfähig ist. Bereits die orale Aufnahme von zehn Zysten kann eine Infektion beim Menschen hervorrufen.

Im Magen kommt es aufgrund des sauren pH-Wertes zur Exzystierung und Freisetzung der Trophozoiten. Diese heften sich im Dünndarm mit einer Saugscheibe an das Schleimhautepithel an und verbleiben im Lumen. Bei Änderungen der Gallensalzkonzentration und bei alkalischem pH-Wert kommt es wieder zur Umwandlung in die Zystenform (Enzystierung). Mit dem Fäzes gelangen die Zysten und z.T. auch Trophozoiten erneut in die Umwelt und werden anschließend durch kontaminiertes Wasser, Lebensmittel oder über direkte fäkal-orale Transmission erneut übertragen.

Pathophysiologie

Ungeklärt ist, warum nur einige infizierte Patienten Symptome entwickeln. Der Trophozoit kann sich an die Epithelzellen heften, deren Apoptose hervorrufen, und die epitheliale Barrierefunktion sowie Resorption und Sekretion durch die Epithelzellen stören. Jedoch bleibt in den meisten Fällen die Morphologie des Darmes unverändert und nur selten kommt es zur Zottenatrophie. Bei chronischen Infektionen ähneln die histopathologischen Befunde und die klinische Manifestation gelegentlich einer tropischen Spure oder einer glutensensitiven Enteropathie. Die genaue Pathogenese der Diarrhö ist unbekannt.Vermutlich tragen Varianten im Genotyp der Giardia intestinalis zu den unterschiedlichen Verläufen bei (abortiv, transient, rezidivierend, chronisch). Die Entwicklung einer Teilimmunität bei Personen aus Populationen mit chronischer Exposition werden vermutet.

Symptome

Die meisten Infizierten weisen keine Symptome auf. Bei akuter Giardiasis kommt es nach einer Inkubationszeit von meist 1 bis 3 Wochen zu folgenden Symptomen, die häufig eine oder mehrere Wochen anhalten können:

  • Voluminöse, schaumige, fettreiche Diarrhö (Steatorrhö)
  • Bauchschmerzen
  • Aufstoßen
  • Meteorismus
  • Übelkeit, Erbrechen

Bei chronischen Verläufen steht nicht notwendigerweise die Diarrhö im Vordergrund, sondern häufig Blähungen, weiche Stühle, schwefeliges Aufstoßen und in einigen Fällen Gewichtsverlust. Die Symptome können permanent vorhanden sein oder intermittierend auftreten. Extraintestinale Manifestationen (Urtikaria, anteriore Uveitis, Arthritis) wurden beschrieben, der Zusammenhang ist jedoch noch ungeklärt. Eher untypisch ist das Auftreten von Fieber oder Blut bzw. Schleim im Stuhl.

Komplikationen

In schweren Fällen kann die Giardiasis auch mit Malabsorption, Laktoseintoleranz, Vitamin A- und Vitamin-B12-Mangel, Wachstumsretardierung und Dehydratation einhergehen.

Diagnostik

Klassischerweise wird die Diagnose durch den mikroskopischen Nachweis der Zysten im Stuhl gesichert (Flotationsverfahren). Diese sind oval, ungefähr 10 x 10 µm groß und enthalten meist vier Nuklei.Die Trophozoiten sind birnenförmige, dorsalkonvexe, abgeflachte Parasiten mit zwei Nuklei und vier Geißelpaaren. Da beide nur schubweise ausgeschieden werden, ist die Diagnose oft erschwert. Unter Umständen sind wiederholte Stuhluntersuchungen, ein Antigennachweis im Stuhl (ELISA), Nukleinsäureamplifikationstests (NATs) oder eine Dünndarmbiopsie notwendig.

Therapie

Fast alle Patienten sprechen auf eine antiparasitäre Therapie an und sind danach geheilt. Üblicherweise wird Metronidazol 3 x 500 mg/d über fünf Tage verabreicht, alternativ kommt Tinidazol 2 g als Einmaldosis in Frage. Bei einer chronischen Giardiasis klingen die Symptome nach Eradikation erst verzögert ab.

Prophylaxe

Nur der Konsum sauberer Lebensmittel und sauberen Wassers sowie gründliche Hygienemaßnahmen können die Erkrankung verhindern. Das Abkochen oder das Filtern von möglicherweise verseuchtem Wasser beugen einer Infektion vor.

Meldepflicht

Bei Erregernachweis besteht in Deutschland eine Meldepflicht (Labormeldepflicht nach § 7 Infektionsschutzgesetz).

Literatur

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